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Schüler begleiten Bau eines Windparks

Die Schülerinnen und Schüler des naturwissenschaftlichen Schwerpunkts begleiten den Bau eines Windparks

Vorwort

Ob bei Stuttgart 21, dem neuen Berliner Flughafen, der Elbphilharmonie oder den Planungen zur Küstenautobahn. Die Erfahrung zeigt: Werden in unserem Land technische Großprojekte geplant und umgesetzt mischen sich zur anfänglichen Euphorie ob der neuen technischen Möglichkeiten in der Regel auch Widerstände aus der Bevölkerung. Sei es aus Sorge um die Umwelt, die Gesundheit oder die Kosten.

Ganz in der Nähe unserer Schule, in Sandelermöns, wurde vor ca. vier Jahren ebenfalls damit begonnen, ein technisches Großprojekt zu planen, in diesem Fall einen Windpark. Schon bald darauf wurde das Projekt in den benachbarten Gemeinden kontrovers diskutiert.

Mein Kurs, der NW-Schwerpunkt des 13. Jahrgangs, entschloss sich im letzten August dieses Bauprojekt ins Zentrum seines Projektsemesters im Seminarfach zu stellen. Zu Beginn unserer Recherchen standen sich Befürworter und Gegner bereits scheinbar unversöhnlich gegenüber. Unser Ziel sollte es sein, das Für und Wider aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten. Dazu sprachen meine Schülerinnen und Schüler im Laufe des Semesters mit den potenziellen Betreibern, Anwohnern, Anteilseignern, Vertretern der Bürgerinitiative und Lokalpolitikern.

Die folgenden Artikel stellen die Ergebnisse unserer Arbeitsgruppen dar. Zum Abschluss sei gesagt, dass sich die Gegner des Projekts kurz vor Ende des Jahres 2017 scheinbar durchsetzen konnten, und der Windpark vermutlich nicht mehr gebaut wird.

(Björn Albrecht)

Informationen zum Bürgerwindpark in Sandelermöns

Am 12.09.17 befragten wir die Geschäftsführer des Bürgerwindparks Sandelermöns Thorsten Hinrichs und Theo Eilers. Sie beantworteten uns zunächst die von unserem Kurs aufgestellten Kernfragen. Diese beziehen sich auf ihren Kenntnisstand zum Ausbau der erneuerbaren Energien ein.

In Deutschland wird ein Drittel des Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien abgedeckt.  Windenergieanlagen produzieren etwa 20% bis 25% des Stroms. In Paris wurde das Energiegesetz beschlossen, welches die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien in unterschiedlichen europäischen Ländern regelt. Ziel ist es, dass 80% bis 90% des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Die Betreiber sind sowohl von der Energiewende als auch von dem weiteren Ausbau von Windenergieanlagen in Deutschland überzeugt.

Wir entfernten uns von dem Ausbau der Windenergie auf Bundesebene und widmeten uns dem Bürgerwindparkprojekt in Sandelermöns. Der Windpark in Sandelermöns solle ein Bürgerwindpark mit vielerlei positiven Auswirkungen für die Region werden, um die Akzeptanz zu fördern. Dieser solle Wirtschaft, Politik und die Interessen der Landeigentümer unter einen Hut bringen. Das Dorf und die Bürger könnten durch finanzielle Beteiligung eine jährliche Rendite erzielen. Die Bürger können eine Genossenschaft gründen, um sich mit dieser am Windpark zu beteiligen. Für die Genossenschaft bedeute dies einerseits Mitspracherecht, aber andererseits auch Risikobereitschaft, erklärten uns die Betreiber ausführlich. Zudem könne der Windpark als Investor dienen und die Vereine vor Ort unterstützen. Auch Straßen könnten weiter ausgebaut und erneuert werden. Aus Sicht der Landwirtschaft sei es für alle Landeigentümer ein zusätzliches Standbein. Außerdem sichere der Windpark Arbeitsplätze im norddeutschen Raum, da die modernen Anlagen schließlich gebaut und regelmäßig gewartet werden müssten. Laut Herrn Eilers und Herrn Hinrichs habe das Projekt eine besondere Bürgernähe, an der jeder Bürger vor Ort seinen eigenen Nutzen hat.

Die Betreiber sind sich allerdings bewusst, dass ein Windpark auch negative Auswirkungen birgt, wie z.B. den Eingriff in die Natur. Diesen muss man ausgleichen, indem man beispielsweise Biotope anlegt. Aber nicht nur die Natur wird belastet, sondern auch die Anwohner werden durch einige Aspekte beeinträchtigt, auf die im Laufe des Artikels noch einmal gesondert eingegangen wird. In Sachen Schallpegel erwähnten die Betreiber, dass kein Anwohner im Außenbereich das Recht auf „komplette“ Ruhe habe. Man werde den Schall aber minimieren. Solche Aspekte führen zu Streit, aber die Betreiber sind davon überzeugt, dass es Kompromisslösungen geben werde. Man müsse nur ehrlich, transparent und authentisch sein.

Im weiteren Verlauf gingen wir in einigen Themenbereichen in die Tiefe. Die dick gedruckten Begriffe können im Anhang nachgeschlagen werden, wo sie genauer erläutert sind. Die Betreiber stellten sich zunächst einmal genauer vor.

Theo Eilers und Thorsten Hinrichs sind die Geschäftsführer des geplanten Windparks in Sandelermöns. Herr Eilers kommt aus Wittmund, beschäftigt sich seit 1993 mit der Windenergie und hat schon den Bau von drei Windparks begleitet. Schon seit seiner Kindheit ist er von Windkraftanlagen fasziniert, da sein Nachbar eine kleine Anlage im Garten hatte. Heute ist Herr Eilers als Berater für Windparkplanungen unterwegs. Thorsten Hinrichs hatte vorerst keine Erfahrung in der Thematik der Windenergie und machte Theo Eilers das Angebot ins Projekt einzusteigen. „Er bringt das nötige Know-how mit“, erklärte uns Thorsten Hinrichs, der über die engagierte Mitarbeit von Herrn Eilers sehr erfreut sei. Herr Hinrichs ist Landwirtschaftsmeister und führt einen Milchviehbetrieb mit anliegender Biogasanlage.

Die Betreiber erzählten uns anschließend vom Werdegang des Projektes. Nachdem der Flugbetrieb in Upjever eingestellt wurde, kam das Projekt erst ins Rollen. Die Stadt Jever suchte neue Potenzialflächen zum Ausbau der Windenergie. Eine dieser Flächen liegt in Sandelermöns.

 

Diese Chance ergriffen die Landeigentümer und sie wollten 2014 von Anfang an eigenständig handeln. Sie wollen den Bürgern im Zuge des Bürgerwindparks gute Konditionen bieten. Für die betroffenen Landeigentümer, die den Verlust ihrer Fläche kompensieren müssen, ist es wichtig eine gewisse Entscheidungsmacht zu tragen, gerade wenn es um die Verteilung der Anteile des Bürgerwindparks geht. Um das Risiko des Windparks vom Eigentum der 27 Landeigentümer abzugrenzen schlossen sie sich 2015 zu einer GmbH & Co. KG1 zusammen. Zu den Landeigentümern gehören die, die von der Windparkfläche betroffen sind, inklusive die Baulastträger. Sie sind an dem Gewinn des Windparks beteiligt, gehen aber ein großes Risiko ein, da ihnen beim Scheitern des Projektes keine Haftung bzw. keine Rückerstattung der bereits getätigten Investitionen gewährt wird.

Im weiteren Verlauf des Projektes wurden im Zuge der Potenzialstudie2 Gutachten3 erstellt, bei denen naturschutzfachliche Themen geprüft werden. Zusätzlich gibt es neutrale Gutachten durch die Gemeinde, um die ausgewiesenen Flächen in Jever vergleichen zu können. Falls es Planänderungen im Windpark gibt müssen die Gutachten erneut durchgeführt werden. Durch die Potenzialstudie ließ sich feststellen, dass die Fläche zwar belastet ist, aber durch Abschaltzeiten und Umsiedlung mancher Tierarten realisierbar bleibt. Es ist also eine gute Potenzialfläche. Geplant sind sechs Anlagen mit einer Gesamthöhe von 150 Metern. Es käme noch mindestens ein bis drei Jahre Planung bis zur Realisierung auf sie zu, fügte Herr Eilers an.

Im Frühjahr 2016 gingen die Betreiber zum ersten Mal auf die Bürger zu. Dies erfolgte in Form einer Informationsveranstaltung im Schützenhof. Es wurden viele weitere Bürgerveranstaltungen und Diskussionen durchgeführt, um den Bürgern das Projekt sowie mögliche Bürgerbeteiligungsmodelle vorzustellen. Dies sollte den Bürgern Transparenz bieten. Herr Eilers und Herr Hinrichs fügten hinzu, dass man die Bürger von Anfang an nur informiert habe, ohne die Bürger überzeugen zu wollen.

Wie das Bürgerbeteiligungsmodell letztendlich aussehen soll ist noch unklar. Die ersten Vorstellungen der Betreiber lauten wie folgt: „Knapp 51% der Anteile gehen an die GmbH & Co. KG, 16% gehen an die Bürger und weitere 33% werden von der Stadt Jever verwaltet. Des Weiteren sollen die Bürger, die näher an der Potenzialfläche wohnen, die Chance haben mehr zu investieren als die weniger Betroffenen. Im Laufe der Zeit würden die direkt Betroffenen somit mehr am Projekt verdienen als die, die weiter weg wohnen.“

Natürlich fragten wir die Betreiber auch nach möglichen Kooperationspartnern. Bisher gibt es noch keine. Zwar gehört dem OOWV (Oldenburgisch-Ostfriesischer Wasserverband) 22% der Fläche, allerdings zählen sie zu den ganz normalen Landeigentümern. Auch die Firma Enercon ist noch kein potenzieller Partner wie viele vermuten. Enercon unterstützt das Projekt in der Planung und Theo Eilers hat bereits Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Enercon. Am Ende aller Planungen werden noch drei bis vier Angebote von anderen Windenergieanlagenherstellern eingeholt und dann wird zusammen entschieden.

Außerdem haben wir die Geschäftsführer auf die Gegenargumente angesprochen. Gegner der Windkraft sprechen immer wieder Probleme an, wie z.B. Schattenschlag, Infraschall, mangelnde Speicher und fehlende Trassen sowie Grundwasserverschmutzung und Wertminderung der umliegenden Häuser. Zum Schattenschlag4 äußerten Herr Eilers und Herr Hinrichs, dass dieser nicht vermieden werden könne, sie jedoch alle Richtlinien einhalten. Wenn Grundstücke dem Schattenschlag zu lange ausgesetzt sind, werden die Windenergieanlagen abgeschaltet. Auch das Thema Infraschall5 könne entkräftet werden. Bei Windenergieanlagen sei es kein zutreffendes Gegenargument, da es bislang keine Erkenntnisse gebe, in denen der Infraschall von Windenergieanlagen gesundheitsschädigend sei. Der Schall einer Anlage sei so gering, dass keine gesundheitlichen Schäden verursacht werden könnten. Zudem könne Infraschall nur bei einer Entfernung von bis zu 300 Metern problematisch werden. Der Mindestabstand zu den Häusern beträgt aber 500 Meter. Beim Übergang auf die mangelhafte Speicherung des Stroms erklärt Theo Eilers, dass dieser bei einer guten Vernetzung nicht nötig sei, da die Stromproduktion und der Stromverbrauch zu 95% der Zeit gleichzeitig ablaufen. Sollte die Produktion höher sein als der Verbrauch, können die Anlagen abgeschaltet werden. Dies biete einen großen Vorteil im Gegensatz zu Kohlekraftwerken, die sich nicht so leicht herunterfahren ließen. Ein großes Problem ist die mangelnde Vernetzung im Süden. Beide Betreiber gehen allerdings davon aus, dass die Speicherung und der Trassenbau in fünf bis zehn Jahren so weit entwickelt sein würde, dass hierdurch keine Probleme entstehen. Die von den Windkraftgegnern befürchtete Grundwasserverschmutzung durch die Betonfundamente sei für die Betreiber in keiner Weise nachzuvollziehen und schlicht weg nicht vorhanden. Das einzige Argument, welches zum Teil bestätigt werden könne, ist die Wertminderung der umliegenden Häuser. Im Umkreis von einem Kilometer könne es dazu kommen, aber auf lange Sicht bleibe der Immobilienpreis gleich. Herr Eilers und Herr Hinrichs könnten all die Sorgen und Ängste der Anwohner verstehen, allerdings sei es wichtig sich umfassend zu informieren und sich auf keinen Fall einseitig zu informieren.

Die Betreiber sind für Windenergie, weil sie deutlich günstiger sei als andere erneuerbare Energien. Die hohen Investitionen beim Bau eines Windparks würden durch die hohe Stromproduktion, aufgrund unserer windreichen Region, rentabel werden. Da Theo Eilers schon mehrere Projekte begleitet hat und gute Erfahrungen gemacht habe, sei er zuversichtlich, dass auch das Projekt in Sandelermöns gewinnbringend für alle Beteiligten ist. Thorsten Hinrichs sagt aber auch, dass die Entscheidung letztendlich bei der Politik liege. Die derzeitige politische Lage sei kritisch. Einige Parteien sprächen sich für erneuerbare Energien aus, aber dennoch sei die Stimmung allgemein eher angespannt, durch die vielen unterschiedlichen Meinungen. Positiv sei allerdings, dass die Planungen für Windparks nicht stagnierten. Die Windkraft sei also eine moderne und gewollte Art der Energiegewinnung.

Für das Projekt in Sandelermöns sei es zurzeit wichtig, dass man das Ziel in den Augen behalte, um später Erfolge zu erzielen. Auch für den Klimawandel sei es wichtig dieses und weitere Projekte zu fördern. Die Geschäftsführer wollen vor allem an die Gegner appellieren, dass weiterhin sachliche Argumentationen geführt werden, ohne dass sich jemand persönlich angegriffen fühlen muss. Alle Landeigentümer handelten in einem rechtlich vorgegebenen Rahmen, sodass man sie nicht verachten dürfe. Herrn Hinrichs sei es wichtig, dass das Dorf Sandelermöns nicht gespaltet werde und sich hinterher noch alle in die Augen schauen könnten. Die Entscheidung stehe und falle mit der Politik. Denn erst wenn die Stadt dem Bau des Windparks zusagt, liegen die Entscheidungen bei der GmbH & Co. KG.

(Wiebke Lenz, Franziska Mensink, Sylvia Otten, Magdalena Lauts)

 

Windkraft und ihre Gegner

Der geplante Windpark in Sandelermöns wird groß diskutiert. Wo Politiker und Betreiber sich einig sind, gibt es Proteste seitens der Bürger in Form von einer Bürgerinitiative. Die Bürgerinitiative informierte am 29.10.2017 über den Windpark und die von ihnen gesehenen Probleme im Bau und Betrieb von Windkraftanlagen. Ihre Redner und Inhalte werden im nachfolgenden erklärt.

Die Windkraftkritiker setzen sich aus der Bürgerinitiative, Vernunftkraft und der FDP zusammen. Die Bürgerinitiative „Weitblick Sandelermöns“ hatte zu diesem Infoabend eingeladen. Vernunftkraft ist ein deutscher Verein, der in der Windkraft eine gescheiterte Energiewende sieht. Sie sehen den größten Schwachpunkt darin, dass die Speicherkapazitäten nicht ausreichen würden.

Bei der Podiumsdiskussion präsentierten sich Udo Cremer (Bürgerinitiative), Dr. Gero Hocker (FDP-Landtagsabgeordneter), Prof. Dr. Dr. Lothar Meyer (Physiker bei Vernunftkraft), Matthias Elsner (Vorsitzender bei Vernunftkraft Niedersachsen) und Dr. Thomas Stiller (AEFIS-Ärzten). Es werden ca. 23 neue Windkraftanlagen im Jeverland geplant, drei davon in Sandelermöns. Dabei hat Jever sein Soll bereits um das Zwölffache erreicht, wobei das gesetzliche Soll bei 10 MW liegt. Die Referenten befürchten negative Folgeschäden für die Natur und Menschen. Es werden auch positive Aspekte angedeutet, wie Einnahmen für die Stadt und das erneuerbare Energien 30% unseres Strombedarfs decken.

Der Faktor Mensch und Natur haben einen wichtigen Stellenwert für Vernunftkraft. So weisen sie auf den Vogelschlag und Vernichtung von Schutzflächen hin. Zudem sehen sie in den Betonfundamenten durch Chromatabsonderung eine Gefahr für die Trinkwasserqualität. Außerdem könnte der Grundstückswert abnehmen und Platz für die Bebauung durch andere Einrichtungen fehlen. Auch in der sogenannten Dunkelflaute sehen sie einen großen Nachteil für die Erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraftanlagen. Eine Dunkelflaute haben wir, wenn es zugleich dunkel und windstill ist. Als weiteres Problem sehen sie die Belastung der Menschen und Tiere in der Umgebung durch entstehenden Lärm und Infraschall. Infraschall ist der Schall, der bei Maschinenarbeit entsteht. Der Infraschall kann zu Schlafstörungen, Beeinflussung der Psyche, des Kreislaufes, und des Gleichgewichtsinns sowie Schwindel und Tinnitus führen. Außerdem zeigen sie einige Beispiele aus anderen Windparks auf, wie zum Beispiel eingefrorene Flügel von denen das Eis auf die Straße fällt.

Windparks werden nur auf städtisch geprüften Potentialflächen gebaut, somit werden keine Naturschutzgebiete vernichtet. Da wir in Deutschland das sauberste Trinkwasser der Welt haben und es gute Reinigungsmöglichkeiten gibt, sind Chromatabsonderungen nicht weiter schädlich. Auch Dunkelflauten kommen vor allem hier im Norden nur sehr selten vor. Infraschall kommt bei allen Maschinen vor. Außerdem ist der entstehende Infraschall bei Windkraftanlagen allgemein und auch durch neue Innovationen nur sehr gering und somit nicht weiter schädlich für den Menschen. Die meisten der aufgezählten Krankheiten sind Folgen der modernen Depression aufgrund unserer Schnelllebigkeit und unseres Leistungsdruckes. Die genannten Beispiele beruhen nur auf Einzelfällen und sind nicht allgemeingültig.

(Felix, Mirko, Geeske)

 „Kein Kompromiss möglich.“

Befragung gibt Klarheit über Bürgerinteressen - bei den Anwohnern in Sandelermöns sorgt das Projekt "Bürgerwindpark" für viel Unruhe und Meinungsverschiedenheiten.

Schortens - Man sieht sie überall: an Hecken, Autos, Zäunen und in Vorgärten.  Bei einer Fahrt durch Sandelermöns wird man direkt mit Plakaten gegen den Windpark konfrontiert. Auch Leserbriefe und Befragungen der Bürgerinnen und Bürger ergaben tendenziell ein negatives Bild. Doch was sind die Gründe für diesen Widerstand?

Viele der Befragten befürchten Schattenschlag und Turbinengeräusche, sowie gesundheitliche Schäden, unter anderem durch Infraschall. Bei der Befragung von Anwohnern, welche in unmittelbarer Nähe zu Windkraftanlagen leben, überwog eine andere Meinung. Eine der Befragten höre zwar gelegentlich bei Nacht die Turbinen, nehme dies aber gerne in Kauf, wenn damit die Energiewende vorangetrieben werden kann. Bei Anderen ist auch nach mehreren Jahren keine negative Auswirkung auf die Gesundheit bemerkbar. Außerdem verdeutlicht ein Anwohner in einem Leserbrief, dass der Mindestabstand von 500 Meter, laut Untersuchungen, ausreiche, damit keine gesundheitliche Gefährdung durch Infraschall entsteht. Trotzdem fordern viele eine Verdopplung des Mindestabstands. Immer wieder wird kritisiert, dass es nicht genügend Trassen gäbe, die den produzierten Strom vom Norden Deutschlands in den Süden transportieren. Grundsätzlich wird die Energiewende von allen Befragten befürwortet, jedoch wollen die Meisten die Windkraftanlagen „nicht vor der eigenen Haustür“ haben. Nur wenige akzeptieren dies für umweltfreundliche Energie und sehen, dass ohne den Bau erneuerbarer Energien keine Energiewende möglich ist. „Irgendwo müssen sie hin“ und Sandelermöns hat eine geeignete Fläche, die man nutzen sollte. Windenergie stellt in den Augen der Mehrheit eine deutlich bessere Alternative zu Kohle- und Atomkraft dar. Durch weitere Windkraftanlagen, würde laut einiger Befragten, der Tourismus in der Region deutlich zurückgehen, da die Bewohner sie als Störung im schönen Sandelermöns ansehen. Andere sehen diese jedoch schon als typisches Merkmal der Nordseeküste an.

„Durch die Betonfundamente wird das Trinkwasser verschmutzt“ lautete die Aussage einer Gegnerin, dabei spricht sie an, dass der geplante Windpark in einem Wasserschutzgebiet liegt. Durch Untersuchungen des OOWV‘s wurde festgestellt, dass keine Gefahr der Verschmutzung bestehen würde. Die Gegnerin warf dem OOWV Korruption vor. Es wurde deutlich, dass das Vertrauen von Seiten der Bürger gegenüber den Bauherren fehlt. Allgemein ging aus den Befragungen hervor, dass sich viele der Bürger, meist Gegner, von den Politikern nicht im Geschehen der Verhandlungen eingebunden fühlen. Politiker stünden lediglich im Kontakt mit den Bauherren und würden Entscheidungen alleine treffen. Die Bürger fordern mehr Mitspracherecht, da es sich schließlich um einen Bürgerwindpark handele, bei dem die Bürger Anteile kaufen können. Jedoch sehen viele der Gegner die Möglichkeit davon zu profitieren nicht. Ein Anwohner eines schon bestehenden Windparks erhoffte sich einen günstigeren Strompreis durch die gekauften Anteile, dieser ist allerdings eher gestiegen. Insgesamt ist deutlich geworden, dass die Befragten mit unentschlossener Meinung eher zur positiven Seite tendieren.

Ein Kompromiss wird nach der Meinung aller Befragten nicht zustande kommen. Es stehen sich zwei Seiten gegenüber, die unterschiedliche Interessen verfolgen. Auf der einen Seite sind die Bürger, die ihren Kurort erhalten wollen und in den Windkraftanlagen eine Bedrohung sehen. Auf der anderen Seite stehen die Befürworter, welche große Vorteile in Profit und Energiewende sehen. Laut der Befragten sind beide Seiten zu verharrt in ihren Meinungen, um eine Einigung zu erzielen.

Bei der Befragung hatten wir oft den Eindruck, dass einige uninformiert waren, stark beeinflussbar sind und sich lediglich der breiten Masse anschließen. Ein Ansporn zum Bau wären aussagekräftige Resultate zum Beitrag der Energiewende.

(Sophie Cordes, Neele Reents, Lea Schulze)

Erläuterungen von fachspezifischen Begriffen zum besseren Verständnis

  1. GmbH & Co. KG:

Es ist eine zusammengesetzte Form aus GmbH und KG. Unter KG ist eine Kommanditgesellschaft und somit eine Personengesellschaft zu verstehen. In einer KG haftet der Gesellschafter persönlich mit seinem privaten Vermögen, weil er der Komplementär ist. In Kombination mit der GmbH ist die GmbH der Komplementär. Sie haftet vollständig mit ihrem Gesellschaftsvermögen, sodass es keine natürlich haftende Person gibt. Die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft werden Kommanditisten genannt. Die Landeigentümer sind demnach die Kommanditisten. Die Windparkbetreiber wählten diese Gesellschaftsform, damit der Kommanditist nicht mit seinem Privatvermögen haften muss, sondern die GmbH mit ihrem Gesellschaftsvermögen.

  1. Potenzialstudie:

Die Potenzialstudie beinhaltet die Standortplanung und -bewertung eines Windparks. Unterschiedliche Gutachten bewerten darin die Potenzialfläche.

  1. Gutachten:

Die fünf wirtschaftsabhängigen Hauptgutachten:

-Windgutachten: Ein Windgutachten schätzt das Windklima am geplanten Standort für den entsprechenden Zeithorizont ab. Es beinhaltet: eine genaue Dokumentation des Standortes, eine Beschreibung des Windpotenzials, den jährlichen Bruttoenergieertrag der vorgegebenen Anlagentypen, die zu erwartenden Verluste und die Standardabweichungen zur Berechnung von Sicherheitsabschlägen für die Bankenfinanzierung. Die Abschätzungen des Windklimas erfolgen durch Windmessungen. Häufig greift man hierbei auf vorhandene Messungen aus meteorologischen Langzeitstudien zurück, die in der Nähe des Standortes durchgeführt wurden. Die tatsächliche Windgeschwindigkeit am Standort wird daraufhin durch die vorhandenen Wetterdaten modelliert. Um ein Windgutachten abzusichern, hilft es dies mit schon vorhandenen Ertragsdaten von Windenergieanlagen in der Nähe zu vergleichen.

-Schallimmissionsgutachten: Ein Schallimmissionsgutachten bringt Klarheit über die Geräuschentwicklung einer Windenergieanlage an einem bestimmten Standort. Bei einer Windgeschwindigkeitszunahme von 1,0 m/s wächst der Schallpegel um 1,0 Dezibel (dB(A)). Die Hauptgeräusche entstehen durch die drehenden Rotorblätter. Das Bundesimmissionsschutzgesetz muss Windenergieanlagen mit mehr als 50 m Nabenhöhe genehmigen, um schädliche Umwelteinwirkungen und erhebliche Belästigungen zu vermeiden. Der Windparkbetreiber muss vorgeschriebene Immissionswerte der technischen Anleitung Lärm (TA Lärm) einhalten. Windenergieanlagen in Außenbereichen, (sprich in Dorf- und Mischgebieten), müssen in der Nacht einen Immissionswert von 45 dB(A) einhalten. Die Schallimmissionsprognose ergibt sich aus der Schallausbreitungsrechnung. Hierbei betrachtet man die Schallimmission der Windenergieanlage und die Ausbreitung des Schalls bis zum Immissionsort. Beachten sollte man, dass nicht alle Schallabstrahlungen in eine Richtung gehen und sich Schallleistungspegel überlagern können, sodass der Schallpegel sich erhöht. Häufig muss der Betreiber einen schallreduzierten Betrieb mit geringerer Umlaufgeschwindigkeit in Erwägung ziehen. Zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten oder bei einer bestimmten Windrichtung wird die Drehzahl reduziert. Im schlimmsten Fall droht dem Betreiber eine Nachtabschaltung auserwählter Anlagen.

-Schattenwurfprognose: Es muss möglicher Schattenwurf durch den drehenden Rotor genehmigt werden. Das Bundesimmissionsschutzgesetz legt fest, dass die Beschattungsdauer von nahe gelegenen Wohngrundstücken im Jahr acht Stunden betragen darf und maximal 30 Minuten am Tag. Für eine solche Beschattung benötigt man einen klaren Himmel, einen relevanten Sonnenstand, einen drehenden Rotor und eine relevante Gondelausrichtung. In einem Gutachten wird der Schattenwurf entsprechend dem Sonnenstand an mehreren Immissionspunkten berechnet. Ausschlaggebend hierbei ist der Richtungswinkel der Windenergieanlage, die Entfernung der Windenergieanlage vom Immissionspunkt, die Rotornabenhöhe, der Rotordurchmesser, die Höhendifferenz von Rotornabe und Immissionspunkt und die geographische Höhen- und Breitenlage der Windenergieanlagen und des Immissionspunktes. Die Ergebnisse werden mit statistischen Wetterdaten überlagert, sodass sich die reale Schattenwurfbelastung erheblich verringert. Die möglichen Schattenwurfzeiten werden in die Steuerung der Windenergieanlage einprogrammiert. Sobald ein Schattenwurf bei bestimmter Wetterlage entsteht, schaltet sich die Anlage durch das Signal eines Lichtsensors ab.

-Abstandsregelungen: Im Genehmigungsverfahren und während der Planung eines Windparks müssen gewisse Abstände berücksichtigt werden. Zum einen geht es hier um Grenzabstände zu benachbarten Grundstücken, zum anderen aber auch um interne Abstände zwischen den Windenergieanlagen. Die Bundesländer schreiben einen Mindestabstand zu benachbarten Grundstücken vor. Außerdem können sie seit dem EEG 2014 auch weitere Abstandsgrenzen einführen, die die Kommunen nach Bedarf erhöhen dürfen. In Niedersachsen gilt ein Mindestabstand von 500 m zu Einzelhäusern und Siedlungssplittern. Bei der Planung muss auch auf die gegenseitige Abschattung der Windenergieanlagen geachtet werden. Hierbei nehmen sich die Anlagen gegenseitig den Wind weg, sodass die Leistung der hinteren Anlagen zurückgeht.

-Ökologische Prüfungen: Zunächst ist die Errichtung von Windparks in Naturschutzgebieten ausgeschlossen. Geprüft wird, ob eine Störung im Sinne des Naturschutzes durch den Betrieb und der Errichtung von Windenergieanlagen vorliegt. Außerdem kommen Tier- und Pflanzenschutzprüfungen hinzu, um Nist- und Ruheplätze, sowie Jagdreviere von Vögeln und Fledermäusen zu untersuchen. Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt eine aufwendige Kartierung von Biotopen, sowie Pflanzen- und Tierarten.

  1. Nachteil Schattenschlag:

Wie schon erwähnt betragen die Grenzwerte für die Beschattungsdauer 30 Minuten pro Tag und maximal 8 Stunden im Jahr. Für die Einhaltung der Grenzwerte ist die Abschaltautomatik zuständig. Dementsprechend sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den Schattenwurf von Windenergieanlagen (WEA) zu erwarten. Bei der Reflexion der Sonne an den Rotorblättern der WEA können belästigende Effekte auftreten, die einen möglichen Zusammenhang mit epileptischen Anfällen aufweisen. Die modernen WEA haben allerdings Rotationsgeschwindigkeiten, die sich unterhalb der Grenzfrequenz für solche photosensitiven Anfälle befinden. Die belästigenden Effekte durch WEA werden mit mittelreflektierenden Farben und matten Glanzgraden reduziert.

  1. Nachteil Hörbarer Schall / Infraschall:

Es gibt Zusammenhänge zwischen den durch WEA verursachten Geräuschemmissionen und der empfundenen Lärmbelästigung der Bevölkerung. Bei der Befragung zu Geräuschbelästigungen durch WEA ist aber Vorsicht geboten! Bei einer Studie wurden Anwohner in der Nähe des Windparks Wilstedt (Niedersachsen) befragt. Das Ergebnis war, dass die Sichtbarkeit von WEA und die grundsätzliche Einstellung gegenüber WEA wichtige Faktoren sind für die persönliche Beurteilung der empfundenen Geräuschbelästigung. Noch gibt es keine Hinweise, dass WEA eine negative Wirkung auf das Gehör haben. Allerdings sind indirekte Auswirkungen von Lärm mit niedrigem Schallpegel, z.B. stressvermittelte Körperreaktionen, nicht auszuschließen.

Beim tieffrequenten Schall (Frequenz <100Hz) variiert die Wahrnehmungsschwelle individuell sehr stark. Bei Infraschall (Frequenz <20Hz) ist keine Tonwahrnehmung möglich. Mit zunehmender Intensität wird es als Pulsation und Druckgefühl wahrgenommen, was sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Bei den Infraschalluntersuchungen wurden gesundheitliche Effekte bei hohen Schallpegeln untersucht. Diese werden nicht von WEA erzeugt. Bei den üblichen Abständen wird die niedrige Hör- und Wahrnehmungsschwelle im Infraschallbereich nicht erreicht. Das ergaben Geräuschmessungen in Bayern und Baden-Württemberg. WEA sind nur eine unter einer Vielzahl von natürlichen Infraschall-quellen  (starke Winde, Meeresbrandung) und anthropogenen Infraschallquellen (Heizungs- und Klimaanlagen, Pumpen, Emissionen aus Verkehr). Sie tragen nur einen Teil zur Gesamtbelastung bei. Bislang gibt es keine konsistente Evidenz, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Infraschallemissionen von WEA verursacht werden.