„Die Nordsee“ (UA) – Theater-AG besucht Liederabend im TheOs
Am Freitag, den 19.10.2018, lud die Landesbühne Nord im TheOs zum Liederabend „Die Nordsee (UA)“ unter der Regie von Sascha Bunge ein und übermittelte über anderthalb Stunden in interessanter Art und Weise, welche durch ein ambivalentes Spielverhalten gekennzeichnet war, das romantische Motiv der Sehnsucht aus dem gleichnamigen Gedichtzyklus von Heinrich Heine.
Ein Stück, das mich zu Tode langweilt oder mich zu Tränen rührt:
Die Erwartungen der Theatergänger waren so vielseitig, wie ich es bei noch keinem anderen Theaterstück erlebt habe. Die Problematik, die sich in diesem Stück widerspiegelte, war nämlich die, dass die Wenigsten bereits einen Liederabend erlebt haben, weshalb es unklar war, was einen erwarten würde. Darüber hinaus waren die Meinungen gegenüber Heine, dessen Gedichte die Grundlage dieses Abends waren, zwiegespalten. Folglich kamen Aussagen zustande, wie die, dass der Abend unfassbar langweilig werden würde, da man Heine als Dichter nicht möge, es gab aber auch jene, die besonders sensibel auf das Sehnsuchtsmotiv reagieren und einen emotionalen Liederabend erwarteten.
Das wildromantische Sehnsuchtsmotiv
Bereits beim Betreten des Saals war das Bühnenbild, eine alte Hafenkneipe namens „Zum letzten Wal“, so klischeehaft dargestellt, wie man es sich nur vorstellen kann, ein echter Blickfang. Eine große Bar mit Hockern, die heruntergekommen wirkten, mehrere Bierkisten und genügend Flaschen gefüllt mit Alkohol. Eröffnet wurde das Stück durch die vier Darsteller Stefan Faupel, der auch die musikalische Leitung inne hatte, Christoph Sommer, dem Barbesitzer; Robert Zimmermann, der Heine darstellte und Jördis Wölk.
Die Gedichte Heines wurden musikalisch vorgetragen und variierten hierbei immer wieder in ihrem Genre, so dass es neben Popballaden, zu welchen gar eine Discokugel für die richtige Stimmung sorgte, unter anderem auch mexikanisch angehauchte Variationen gab, die durch Maracas begleitet wurden. Eben diese Diversität der Vortragsarten, die gelungen die unterschiedlichen Formen der Sehnsucht hervorhoben, machten das Motiv für das ganze Publikum zugänglich, so dass, vor allem in der Ballade, die von Wölk vorgetragen wurde, Tränen flossen.
Die Tatsache, dass es schwer war, einem roten Faden folgen zu können, war keinesfalls störend, da es die Abstraktheit des Hauptmotives unterstrich und zudem jederzeit klar war, dass immer wieder die Sehnsucht zum Meer aufgezeigt werden sollte, zu welchem Heine eine enge Verbindung besitzt.
Das ambivalente Spielverhalten
Unglücklicherweise kamen im Laufe des Stückes passagenweise immer wieder Textfehler seitens der Darsteller vor, welche jedoch so elegant gelöst wurden, dass man zu Teilen nicht bewusst wahrnahm, dass es diese überhaupt gab. Dennoch waren sie in ihrer Häufigkeit leicht störend. Ferner wurden, für das Publikum sichtbar, durch offensichtliches Zeigen oder Nicken Einsätze von Instrumenten zu verstehen gegeben, wodurch in diesen Passagen der Eindruck von Improvisation und Unsicherheit vermittelt wurde. Diese Missstände wurden jedoch durch die Tatsache aufgehoben, dass die Darsteller mit einer solchen Leichtigkeit die Gedichte sangen und dabei so viel Emotionen übermitteltelten, dass man sich als Zuschauer wünschte, der Liederabend würde nicht enden. Auch die instrumentelle Begleitung, an welcher sich alle Darsteller beteiligten, war grandios und machte Lust auf mehr, weshalb das Theater für all jene zu empfehlen ist, die offen für etwas Neues sind und nicht nur für die, die im Vorhinein wissen, dass sie sich für die Romantik und Heine begeistern, denn auch die Leute, die die Gedichte Heines nicht mögen, waren begeistert, was sich in einem kräftigen, langanhaltenden Applaus widerspiegelte.