Ein Theaterbesuch, der zum Nachdenken anregt
Das Theaterstück „hält der westlichen Welt den Spiegel vor und entlarvt so ihre fundamentalistischen Untiefen“, steht es auf der Internetseite der Landebühne Nord. Mit diesem Satz wirbt das Theater für eines seiner neuesten Stücke: Märtyrer.
Am Abend des 19. Mai lockte das Theaterstück, geschrieben von Marius von Mayenburg, zahlreiche Kulturinteressierte, aber auch viele Schüler in die Säle der Landesbühne in Wilhelmsaven. Ein Raunen ging durch die Menge, als Madonnas „Like a Prayer“ als untypischer Auftakt eingespielt wurde und die mit Masken bekleideten Schauspieler dazu tanzten.
Behandelt wurden Themen wie Fundamentalismus, Jugend und Sexualität.
In Erinnerung bleibt das Stück sicherlich wegen seiner Thematik, die sich in den Köpfen der Jugendlichen einprägte.
So diskutiert der Protagonist Benjamin in einer besonders gelungenen Szene mit seiner Biologielehrerin über den Einsatz von Kondomen.
„Gott sagt: ,Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde'. Er sagt nicht: ,Füllt die Kondome'“, argumentiert er. Allerspätestens hier, in der 10. Szene, wird einem klar, was für Benjamin das Entscheidene ist: Er will streng nach Gottes Wort leben.
Anders als in Madonnas Text, nämlich wenige Stunden vor Mitternacht, beobachteten die Schüler und Lehrer der IGS Friesland weiterhin das verwunderlich moderne Theaterstück, das von Regisseurin Eva Lange hervorragend inszeniert wurde. Gerade die Darstellung mit Masken passte wunderbar, da diese abgenommen wurden, wenn die Figuren „aus ihrer Rolle fielen“.
So bekamen sie eine zunehmend wichtigere Rolle, da sie – so haben wir sie interpretiert – gesellschaftliche Normen darstellen, die das Handeln der Personen beeinflusst.
Das Interessante dabei ist, dass die Regisseurin es den Schauspielern freistellte, wann sie die Masken abnehmen, was die Schüler am nächsten Tag während eines Gespräches mit Eva Lange herausfanden.
Am Ende eines hervorragenden Theaterstückes fragte sich vermutlich jeder, ob Christ oder nicht, inwiefern er nach Gottes Wort lebt. Sehen wir die Dinge so, wie der Fundamentalist Benjamin? Wie modern sind wir eigentlich in Bezug auf Aufklärung und Homosexualität?
Und gerade dass wir uns diese Fragen stellen, beweist doch, dass uns das Theaterstück in der Tat einen Spiegel vorgehalten und unsere fundamentalistischen Untiefen entlarvt hat.
Bravo!