Umweltthemen nehmen bei uns an der IGS Friesland-Nord schon seit jeher einen hohen Stellenwert ein. Bereits zum wiederholten Male wurden wir von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg als Umweltschule in Europa ausgezeichnet. Sowohl die Verminderung als auch Vermeidung von Müll an unserer Schule sind stets virulente Themen, mit denen wir uns viel und gerne beschäftigen. Aus diesem Grund haben wir uns für das Projekt „Umwelt macht Schule“ im Jahr 2016 beworben und konnten uns gegen zahlreiche andere Schulen erfolgreich durchsetzen.
"Umwelt macht Schule“ ist ein Umwelt- und Medienprojekt des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit mit zehn Tageszeitungen und 30 weiterführenden Schulen aus dem gesamten Bundesgebiet. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks. Das Projektmanagement liegt in den Händen des Instituts zur Objektivierung von Lern- und Prüfungsverfahren (IZOP) aus Aachen.
Die Schüler konnten in der Zwischenzeit die Artikel fertigstellen. Im weiteren Verlauf präsentiert der Z1-Kurs des 9. Jahrgangs seine Ergebnisse für die Themenseite, die in Kürze in der NWZ abgedruckt wird:
Wenn Müll zum Meeresbewohner wird
Rauschendes Meer, salzige Luft, feuchter Wattboden und zahlreiche Möwen, die über den Köpfen der Touristen kreisen – so stellt man sich einen entspannten Strandbesuch vor. Doch nicht selten wird die Idylle durch die Verschmutzung getrübt.
Jährlich landen circa 20.000 Tonnen Müll im Meer. Davon sind 95 Prozent reines Plastik. Eine der größten Belastungen für das Meer stellt nicht nur die Wasserverschmutzung durch die Schiffslackierung dar, sondern auch Plastik, Folien, Kanister, Tüten und sonstige Verpackungsmaterialien. Jene Produkte haben aufgrund ihrer giftigen Inhaltsstoffe und ihrer enormen Langlebigkeit vielfältige Auswirkungen auf die Meerestiere. An dieser Misere sind einzig und allein die Menschen schuld. Achtlos lassen Touristen und Strandbesucher ihren Abfall am Strand zurück, der aufgrund von Ebbe und Flut in das Meer gespült wird. Da Plastik kaum abbaubar ist, verbleibt es für unbestimmte Zeit im Meer und reichert sich dort an. Nur vergleichsweise wenig Plastikmüll wird – jedoch eher zufällig – durch das Fischen mit großen Netzen aus dem Wasser gezogen. Der Großteil des Mülls bleibt im Meer. Durch die UV-Strahlung werden Alterungs- und Zerfallsprozesse in Gang gesetzt. So entsteht die größte Gefahr für das Meer: das Mikroplastik. Wie der Name verrät, sind die Teilchen mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Leichtes Mikroplastik schwimmt zum Großteil an der Meeresoberfläche und wird hier von Kleinstlebewesen aufgenommen, die eine wichtige Nahrungsquelle für Fische darstellen. Von Fischen und Muscheln ernähren sich Meeressäuger, Vögel und nicht zuletzt wir Menschen. Somit landet die mit Plastik angereicherte Nordseescholle auf unserem Teller. Der Mensch ist also nicht nur Verursacher, sondern auch Endkonsument des Mikroplastiks.
Doch nicht nur durch unsere Nahrung kommen wir mit diesen Kunststoffpartikeln und -fasern in Kontakt, sondern – wie kaum vermutet wird – auch durch unsere Kleidung. Dies gilt zum Beispiel für Fleece-Kleidungsstücke, die aus einem Velourstoff, der meist aus Polyester oder Polyacryl besteht, hergestellt werden. Beim Tragen und Waschen der kunststoffhaltigen Textilien wird das Mikroplastik im Abwasser freigesetzt. Da Klärwerke die Partikel nur unzureichend aus dem Abwasser herausfiltern können, gelangt ein Großteil in die Gewässer.
Das Mikroplastik ist jedoch nicht nur im Wasser und in unseren Textilien wiederzufinden. Längst dominiert dieses gefährliche Material auch in zahlreichen Kosmetikprodukten, die wir tagtäglich verwenden. Auch wenn die meisten dieser Produkte das Ziel verfolgen, unsere Haut schöner und gesünder zu machen, sind die Auswirkungen für unseren Organismus fatal. Schleimhautverletzungen oder Unfruchtbarkeit sind dabei mögliche Nebenwirkungen, die wir bei der Anwendung entsprechender Produkte der Kosmetikindustrie billigend in Kauf nehmen. Wer im Drogeriemarkt ein polyethylenfreies Produkt kauft, initiiert hingegen ein Umdenken.
Welche Maßnahmen werden gegen das Umweltproblem ergriffen? Projekte wie „fishing for litter“, bei denen die Fischer den gefangenen Müll aus den Fischernetzen nicht achtlos wieder über Bord werfen, sondern ihn in bereitgestellten Containern sammeln, tragen zur Meeresbereinigung und Rettung des Wattenmeeres bei. Auch aus wissenschaftlicher Perspektive beschäftigt man sich aktuell mit möglichen Umweltbelastungen im Meer. Mit dem Projekt „Makroplastik in der südlichen Nordsee – Quellen, Senken und Vermeidungsstrategien“ starten einige Wissenschaftler der Universität Oldenburg eine Mitmach-Aktion. Die Forscher dieses Projekts wollen die Quellen, Verbreitungspfade und Verschmutzungsgebiete von treibendem Makroplastik, also sichtbaren Plastikteilen ab einer Größe von fünf Millimetern, in der Deutschen Bucht sowie im Wattenmeer untersuchen. Eines der Hauptziele ist es, Vermeidungsstrategien zu entwickeln, sodass langfristig weniger Plastikmüll im Meer landet. Hierfür setzen die Wissenschaftler durchnummerierte Holzplättchen aus naturbelassenem Fichtenholz an norddeutschen Küsten, in Flüssen und auf Hauptschifffahrtswegen der offenen Nordsee aus. Insgesamt sollen 100.000 „Holzschiffchen“ auf die Reise geschickt werden. Bürger, die einen angeschwemmten Drifter finden, sind aufgerufen, diesen zu melden.
(Bild 1 von Tessa Hasselhorn, Bild 2 von Katharina Stephan)
Interview mit Bernd-Uwe Janssen aus Wittmund (Pädagoge, Autor und Experte für Umweltbildung im Nationalpark Wattenmeer sowie im NABU)
Wie lange setzen Sie sich schon für den Umweltschutz rund um die Nordsee ein?
Mein Interesse fing schon im Jugendalter an, als ich mit Freunden im Watt herumgesegelt bin. Als Biologielehrer am Mariengymnasium Jever habe ich das Thema im Unterricht mit Schülern intensiv bearbeitet. In der Sekundarstufe 2 gab es bei mir immer einen Kurs „Meeres- und Küstenökologie“. Vor 25 Jahren habe ich die Wattführerprüfung gemacht und konnte dann selbst mit Schülern ins Watt gehen.
Wieso liegt Ihnen das Wattenmeer so am Herzen?
Das Wattenmeer vor unserer Haustür ist ein sehr vielfältiger, dynamischer Lebensraum. Durch verschiedene Einflüsse ist dieser sensible Lebensraum gefährdet und wird gestört: Abwässer, Ölunfälle, Müll in der Nordsee, Fischerei, Tourismus, Deichbau. Um das Ökosystem besser zu schützen und zu erhalten, wurde 1986 der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer eingerichtet. Mit der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven und mit mehreren Nationalparkhäusern arbeite ich seit der Gründung des Nationalparks zusammen. Für die Wattführerkollegen biete ich seit vielen Jahren Fortbildungsseminare zu verschiedenen Themen an.
Interessieren Sie sich auch privat für die Umwelt?
Seit 1985 bin ich im Naturschutzbund Deutschland NABU aktiv. Die Naturschutzarbeit besteht einerseits aus Aktivitäten zum Schutz einzelner Tierarten. So haben wir in ausgedienten Transformator-Türmen Brutstätten für Schleiereulen hergerichtet. In Moorgebieten und auf Orchideenwiesen sorgen wir durch regelmäßiges Mähen und Entfernen des Baumbewuchses für die Erhaltung der Lebensbedingungen seltener Pflanzenarten. Andererseits geben wir immer wieder Stellungnahmen zu geplanten Bauvorhaben ab. Da geht es z.B. um neue Baugebiete und Gewerbegebiete, Windparks, Sandabbauvorhaben und Wallhecken.
Wie stellen Sie sich das Wattenmeer in etwa 50 Jahren vor? Denken Sie, es wird sich stark verändern, wenn nicht bald etwas gegen die Müllverschmutzung getan wird?
Ich habe große Hoffnung, dass das Wattenmeer auch in 50 Jahren noch in der Qualität existiert, die ich schätzen gelernt habe. Die Müllverschmutzung könnten wir eigentlich schnell und recht einfach verringern. Ein großer Teil des Mülls an unserer Wattenmeerküste stammt von Schiffen. Es gibt bereits klare Regeln für die Schifffahrt, die müssen nur eingehalten und kontrolliert werden. Ein unsichtbares Problem besteht allerdings bereits, das wir nicht mehr zurückhalten können: Plastikmüll wird in der Brandung und durch UV-Strahlung so weit zerkleinert, dass die Teilchen nur mikroskopisch zu erkennen sind. Diesen Mikromüll kann man nicht mehr entfernen. Die Forschung hat nachgewiesen, dass Muscheln und Würmer die Plastikteilchen mit der Nahrung aufnehmen. Ganz neu und beunruhigend ist die Erkenntnis, dass die Mikroteilchen im Darm der Tiere in die Zellen der Darmwand wandern und dort Entzündungen verursachen. Muscheln und Würmer werden von Fischen verzehrt und so können die Mikroteilchen ins Körpergewebe der Fische übergehen. Wenn wir diese Fische essen, könnte Mikroplastik auch für uns Menschen eine Gefahr werden. Ob das allerdings tatsächlich eine ernst zu nehmende Gefahr ist, werden weitere Forschungsarbeiten zeigen.
Können Sie sich vorstellen, warum so viele Menschen das Wattenmeer verschmutzen, obwohl es UNESCO-Weltkulturerbe ist?
Bei den Schiffsbesatzungen, die Müll über Bord kippen, ist das wohl der Versuch, die Kosten für die Müllanlandung im Hafen zu umgehen. Gleichgültig und unverantwortlich handelt jeder, der seinen Müll am Strand liegen lässt oder Müll in die Landschaft kippt. Hier würden mehr Aufklärung und vielleicht auch härtere Bestrafung von Müllsündern helfen. Wir haben eine so gut funktionierende Abfallbeseitigung und Mülltrennung, dass dies eigentlich kein Problem sein sollte. Aber leider gibt es Menschen, denen alles egal ist. Und es ist schwierig, an diese Leute heranzukommen.
Könnten mehr Mülleimer am Strand das Problem minimieren?
Unbedingt! Auf einigen Inseln funktioniert das schon ganz gut, z.B. auf Langeoog. Jeder einzelne Strandwanderer kann seinen eigenen Müll und am Strand gefundenen Müll in großen Müllkörben ablegen. Der Müll kann dann wenigstens keinen weiteren Schaden anrichten. Und die Menschen werden durch die Müllkörbe auf das Problem aufmerksam und ändern vielleicht ihr eigenes Verhalten.
Forscher haben eine Flüssigkeit entwickelt, die Öl aus Wasser saugen kann. Wird es so etwas auch bald für Mikromüll geben?
Das Öl-Absorber-Pulver wird bei Ölunfällen eingesetzt. Dabei wird das Öl vom Pulver gebunden. Es entstehen Klumpen, die im Wasser absinken. Damit ist das Öl zwar von der Oberfläche verschwunden, landet aber am Meeresgrund. Hier kann es dann Schaden in der Tierwelt anrichten. Man müsste also nach dem Einsatz des Pulvers die Klumpen sofort absaugen. Für Mikroplastik sehe ich zur Zeit keine Lösung, die winzigen Teilchen irgendwie einzufangen. Außerdem verteilen sich die Mikroplastik-Teilchen mit den Strömungen und man wird sie nicht fassen können.
(Bild von Tessa Hasselhorn)
Wenn plötzlich Plastik auf dem Teller liegt
Wo noch vor vielen Jahren gesunde Meeresbewohner ihr Dasein genossen, bahnt sich heute Neptun seinen Weg, und zwar vorbei an riesigen Öltankern, herumschwimmenden Fischernetzen und Plastiktüten. Das Ökosystem Meer ist aus den Fugen geraten. Doch die Nordsee ist und bleibt ein beliebtes Urlaubsziel – mit Recht! Wir tun doch alles dafür, den für uns so wichtigen Lebensraum zu schützen, oder?
Familie Hoppenstedt wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich den wohlverdienten Urlaub in vollen Zügen zu genießen. Nicht ohne Grund suchten sie sich hierfür unsere Küstenlandschaft aus. Sie freuen sich auf die frische Luft, den sauberen Sand, reines Nordseewasser und silbrig glänzendes Wattenmeer. In ihrer Heimat ist es leider nicht so schön, denn das Ruhrgebiet ist nicht gerade für optimale Umweltbedingungen bekannt. Alle gestressten Großstadtmenschen hegen den Wunsch, in unseren nordischen Gefilden ihr Seelenheil zu finden.
Während Familie Hoppenstedt ihr Picknick am Strand genießt, weht im nächsten Moment eine Plastiktüte herum und landet im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer. Die Tüte aufheben und in den Mülleimer schmeißen? Auf keinen Fall! Die Gemüter sind verschieden, aber es ist doch nachvollziehbar, dass niemand den Abfall entfernt. Direkt neben der Tüte planscht die dreijährige Emma im kühlen Nass und bedient sich zwischenzeitlich jener als wertvolles Wasserspielzeug. Wir wollen für unseren Nachwuchs doch nur das Beste! Natürlich wird die Tüte keine verheerenden Auswirkungen für das Kind haben. Mikroplastik im kindlichen Körper richtet garantiert keinen Schaden an. Das wissen auch die Eheleute Hoppenstedt, weshalb sie den Plastikmüll demonstrativ ignorieren und sich vielmehr daran erfreuen, dass Emma schöne Stunden im Meer verbringt.
Ein perfekter Urlaubstag muss angemessen abgerundet werden. Die Familie entscheidet sich daher, den Abend mit einem gesunden Abendessen ausklingen zu lassen. Sie suchen das nächste Fischrestaurant auf, setzen sich bei Abenddämmerung neben das mittlerweile orangefarbene Wasser, in dem sich die Abendsonne spiegelt. Am Horizont sehen sie die von den Tankern verursachten Rauchwolken. Das anstrengende Planschen im Meer macht hungrig, sodass Emma sich eine große Portion Fischstäbchen bestellt. Die Eltern sind froh, dass ihr Kind Fisch mag, schließlich ist dieser doch gesund. Der flinke Kellner serviert wenig später der Familie mit einem schwungvollen „Mahltied“ die bestellten Gerichte. Familie Hoppenstedt bestaunt die auf den Tellern befindlichen Fischstäbchen, Schollen, Nordseekrabben und den rosafarbenen Lachs. So ein Stück Fisch aus der Nordsee schmeckt doch richtig gut. Ob den Eltern bewusst ist, dass ihre Tochter gerade Fischstäbchen isst, die mit Plastikpartikeln angereichert sind? Welch ein tolles Gewürz mit einer hervorragenden Halbwertzeit! Na dann, guten Appetit.
(Bild von Carla Severein)
Die unsichtbare Gefahr: Mikroplastik in Kosmetikprodukten
Mikroplastik findet sich nicht nur in allen Tiefes des Meeres. Auch die Kosmetikindustrie bedient sich mittlerweile des Kunststoffes. Es wird als Schleifmittel, Bindemittel oder gar als Füllmittel in zahlreichen Kosmetikprodukten verwendet. Dass die Verwendung des Mikroplastiks schädlich ist, weil es durch das Abwasser zu den lokalen Kläranlagen und von dort in die umliegenden Gewässer gelangt, ist unbestritten. Doch wie können sich Verbraucher schützen und kunststofffreie Kosmetikprodukte kaufen? Es ist nahezu unmöglich herauszufinden, in welcher Form und Größe der Kunststoff in einem Kosmetikprodukt vorhanden ist. Eine Kennzeichnungspflicht, die für Transparenz sorgen könnte, besteht leider nicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) setzt sich derweil für ein Verbot von Mikroplastik und anderen Kunststoffen in Kosmetikartikeln ein. Auf seiner Internetseite hat er einen Einkaufsratgeber veröffentlicht, der sämtliche kunststofffreie Kosmetikprodukte auflistet. Darüber hinaus können Verbraucher mithilfe der App „Codecheck“ herausfinden, welches Produkt über Mikroplastik verfügt. Sobald der Barcode einscannt wird, erhält der Verbraucher Informationen über den Kosmetikartikel.
Infobox
Mit einer Größe von über 9000 km² Wattfläche ist das Wattenmeer zwischen Skallingen, Dänemark, Den Helder und den Niederlanden das größte der Welt. Es ist ein 450 Kilometer langes und bis zu 40 Kilometer breites Gebiet. 2014 ist es zum UNESCO Weltnaturerbe ernannt worden. Jedes Jahr ziehen 10 bis 12 Millionen Vögel durch dieses Gebiet. Jährlich besuchen 30 bis 40 Mio. Tagesausflügler das Weltnaturerbe Wattenmeer. Damit ist es einer der angesehensten Orte weltweit.
(Bild von Michelle Tange)